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04.06.2015 Bajgiran, Iran km unbekannt – 04.08.2015 Ölgii, Mongolia km ein paar mehr
Keine Ahnung was ich nach dem Iran zu erzählen habe. Zumal ich noch den Fehler begangen habe und eine Zeit lang mit anderen Motorradfahrern mitgefahren bin. Kann zwar bei Pannen und Unfällen hilfreich sein, ist aber der Tod von Einladungen, Flexibilität und Geschichten. Hat ja seinen Grund, weshalb ich alleine unterwegs bin. Und so habe ich kaum etwas zu berichten. Vielleicht höchstens von der Door to Hell, oder der komischen Hauptstadt von Turkmenistan. Vielleicht noch von dem austrocknenden See mit den Schiffen in der Wüste, den (gefühlten) 211 Pannen, dem berühmten Pamir Highway und seinen Pässen auf über 4000 m, die Story über dem russischem Pärchen lehren Pizza backen und Pastasaucen zu kochen, die als solches auch bezeichnet werden können. Da wäre noch das Erlebnis, welches mir gezeigt hat was verfügbare Ressourcen bedeuten können, aber mein Duschverhalten hats trotzdem nicht nachhaltig verändert. Und schlussendlich noch all die Moscheen und sonstigen historischen Gebäude, aber das Thema ist mit ein paar Fotos schnell abgehandelt. Alles in allem ein völlig ereignisloser Abschnitt der Reise, ihr werdet sehen.

Die Grenze zu Turkmenistan war relativ schnell passiert. Freundlich wurde ich von Schreibstube zu Schalter, zu Bank, zu gleichem Schalter wie zuvor, zum Arzt (unglaublicher Mann, hat alleine durch meinen zehnsekündigen Aufenthalt in seinem klimatisierten Büro gesehen, dass ich kerngesund und keine biologische Bedrohung für sein Land darstelle), zu weiterer Schreibstube, zu anderem Schalter und schlussendlich zum Zoll geführt. Kostete alles bloss ein paar Dollar (immerhin erhielt man dafür eine Quittung mit entsprechendem Betrag), nur wenig Nerven und ein bisschen mehr Zeit. Die Suche nach Verbotenem durch deb Zoll konnte jedoch alles relativieren, vor allem was die Zeit und Nerven betraf, je nach dem was sie finden, wird auch die Brieftasche arg in Mitleidenschaft gezogen. Wilde Anekdoten habe ich gehört, vom armen Kerl dessen Wagen sie während 7 Stunden durchsucht habe, dem Unglücksraben mit einem rezeptpflichtigen Medikament, 3 Tage habe alles gedauert, und von dem Dummkopf mit einer Waffe in seinem Camper. Der ist möglicherweise immer noch dort. Und da der Camper französische Kontrollschilder montiert hatte, werden die Franzmänner jetzt besonders genau kontrolliert, könnte ja so ne Manie oder Volkssport von denen sein. Das Französische Paar, reisend mit ihrem reizenden Töchterchen in einem alten Mercedes Lieferwagen hatte Glück. Wir waren beide zeitgleich an der Grenze, da schwatzt man miteinander und teilt das dürftige Wissen über das Prozedere aus. So zu einem Reisemobil umgebauter Lieferwagen bietet unendlich viele Verstecke für allerhand. Das dachte auch der findige Zöllner und liess alles Mögliche öffnen, im scharfen Ton „Open!“ hier und „Open!“ da. Sebastian, der Fahrer, kam den Aufforderungen gelassen nach, ohne Gleichmut bleibt man ja auch besser zu Hause oder beklagt sich bei den armen Reiseführer der Pauschalangeboten. Einzig als er mit dem Beamten in den Inspektionsgraben unter dem Fahrzeug stieg und der Mann darauf beharrte auch die grosse schwarze Box bei der Hinterachse zu öffnen, sah ich gewisse nervöse Anzeichen bei Seb. Nicht weil er etwas zu verbergen hatte, sondern weil es der Dieselzusatztank war, den er zu öffnen hatte. Wie es ausgegangen ist bekam ich nicht mit, denn mein „Open, Open“ war vorüber, es war gnädig, bei weitem nicht alles wurde kontrolliert. Sehr zu meiner Zufriedenheit, denn bei einem der Medikamente hätte ich mich schon erklären müssen. Klug damit über die Grenzen der Länder dieser Welt zu reisen ist es nicht, aber die Aussicht im Falle eines Unfalles ohne ein anständig wirkendes Schmerzmittels 500 km vom nächsten tauglichen Spital entfern auf den Sensenmann zu warten, kommt mir dümmlicher vor. Wenn sterben, dann bequem.

Die Anfahrt von der Anhöhe in die Hauptstadt von Turkmenistan, Ashgabat, ist verwirrend. Nach all den Steppen, Wüsten, Dörfer und iranischen Städten, war der Anblick dieser Stadt etwas ziemlich anderes. Es sah aus, als sei sie durch einen Architekten des alten Rom gebaut worden, nur diesmal unter Einfluss bewusstseinsverändernder Mittel. Oder für einen pseudohistorischen Film, vielleicht auch die Fortsetzung von Sacha Cohens Film „Der Diktator“, all die goldenen Statuen des Präsidenten, die riesigen Eingangsportale und Tore, die gigantischen Säulen aus Marmor und die unzähligen Portraits des Landesoberhaupts passten ganz gut dazu. Ein paar neue und teure Autos waren zu sehen, als einzige Menschen auf der Strasse sah ich Soldaten, Polizisten und die Strassenreiniger, von allen verhältnismässig viel. Die Stadt war ausserordentlich sauber und leer, kein Leben, nicht mal in den Parks. Erst später erfuhr ich, dass es ein Straftatbestand darstellt, mit einem schmutzigen Fahrzeug in der Stadt zu fahren. Das erklärte auch, weshalb ich einen Turkmenen mitten in der Wüste seinen Wagen waschen sah. Die Polizei kontrollierte mich glücklicherweise nicht, beim Zustand meiner KTM hätte es wohl Lebenslänglich gegeben. Verhältnismässig günstig fiel das Luxushotel aus, dass ich mir leistete. Grossartiges Gefühl mit der staubigen Motorradkluft über den Marmor zu stiefeln und im golden ausgekleideten Lift in das edle Zimmer hochzufahren. Gefreut wie ein kleines Kind an Weihnachten habe ich mich.

Am Vorabend meiner Abreise am nächsten Tag schlenderte ich durch die leere Stadt, öfters freundlich durch die wachenden Soldaten von ganzen Strassenzügen und Gebäuden weggewiesen, meiner einer war unwürdig in der Nähe von Präsidentenhäuser oder Parlament zu verweilen. Das erhabene Gefühl über den Paradeplatz vor der Ehrentribüne zu stolzieren liess ich mir nicht nehmen, dafür die gemachten Fotos. No Fotos, wie ich erfuhr. Dafür durfte ich auf dem gigantischen Bildschirm zuschauen, wie der Präsident die Wichtigkeit der Getreideproduktion hervorhob. Mit der Erkenntnis, dass da gar kein so grosser Unterschied herrscht, ob man penetrant vom Präsidenten oder von internationalen Firmen indoktriniert wird, zog ich von dannen, gönnte mir endlich nach langem ein echtes Bier am Hotelpool und genoss den Luxus meines Zimmers.


Ashgabat.


Las Vegas ohne Leute.


Präsident, golden. Die Statue soll sich mit der Sonne drehen. Vielleicht war es auch eine der anderen. Hat viele.


Bei Nacht. Immer noch ohne Leute.

Turkmenistan ist heiss. Klimatisch, ansonsten nicht besonders. Mein von der Grenzbehörde vorgegebener Transitweg führte mitten durch die Wüste, genau bei dem Tor zur Hölle vorbei, die vermutliche Hauptattraktion des Landes. Überhaupt nicht touristisch verseucht, schliesslich muss man mindestens 250 km mitten durch die Wüsten/Steppe fahren, bei mindestens 42° C. Einzig Transitreisende besuchen den Ort, gibt ja nicht besonders viele andere Besucher in diesem Land. Von der Hauptstrasse weg führte eine Piste durch teilweise tiefen Sand zu dem Tor. Mit meinem Motorrad war es nicht möglich - zu schwer und falsche Reifen, dazu zu faul um den Luftdruck zu senken. Das Glück der Dummen war mir hold, ich traf die netten Franzosen wieder (nicht zum letzten Mal, kayoukatrip.wordpress.com), Gepäck fix eingeladen und in ihrem blauen Bus mitgefahren. Weiterer Vorteil am Zielort: sie hatten kühles Bier, dass sie freundlicherweise mit mir geteilt haben, Glücksmensch der ich bin. Als ich mich dem Tor mitten in der Wüste näherte, hatte ich trotz den doch sommerlichen Temperaturen Gänsehaut. So eindrücklich in der Realität, die Fotos kommen nicht mal annähernd daran. Dieses gigantische brennende Loch in der Wüste, einfach sagenhaft, einen besseren Namen dafür hätte ihnen nicht einfallen können. 70 m Durchmesser, etwa 20 m tief, im Zentrum grosse Flammen, rund herum brennende Erde, eingeschlossen durch einen Ring aus Feuer. Entstanden ist das Tor zur Hölle auf der Suche nach Erdöl durch die Sowjets im Jahr 1971. Sie bohrten an dieser Stelle, nichts ahnend, dass sie auf einem grossen Hohlraum standen. Angekratzt stürzte er in sich zusammen, Gas strömte aus und die Ingenieure befanden es als die sicherste Methode das Gas abzufackeln. Taten sie, in der Annahme, nach ein paar Tagen oder Wochen sei es vorüber. War es aber nicht, es brennt immer noch, als überdimensionales Fonduerechaud in der Wüste, grandios anzuschauen bei Nacht. Die Zukunft ist ungewiss, vor ein paar Jahren fand der Herr Präsident heraus, dass es womöglich sinnvoller sei das Gas zu verkaufen, als damit die Wüste zu heizen. Wer also kann, sollte das Tor zur Hölle besuchen, es ist einmalig.


Tor zur Hölle bei Tag. Mein Taxi mit kühlem Bier im Hintergrund.


Exklusiver Tisch beim Eingang zum Reich des Fürsten der Finsternis.


Der Name ist verdient.


Tausender Flammen und Flämmchen.


Kein Wunder war ich stundenlang Feuer und Flamme.


Weils so schön ist.

Der Rest von Turkmenistan ist schnell erzählt: heiss, aber dank dem KLIM Badlands auszuhalten, zumindest so lange man schneller fährt als 60 km/h (wehe dem der anhalten muss), die Leute äussern sich nicht kritisch über die Regierung, heisst sie sind zufrieden oder haben Angst und Hotels bezahlen kann man als Ausländer nur in US Dollars. Nach vier Tagen war Turkmenistan bereits passiert, Usbekistan stand an.


Steppe/Wüste, was auch immer. Jedenfalls mit 42°C warm.


So lebt es sich ausserhalb Ashgabat.


Vater Wirt und Tochter Kellnerin.

Bereits an der Grenze traf ich einen Franzosen, Jean-Guillaume (www.pxpworld.net), auf einer BMW GS 800, zusammen fuhren wir ins nächste Kaff Nukus, dort hiess es für mich mal ein paar Tage ausruhen, respektive Ölwechsel am Motorrad (wahrscheinlich bin ich der letzte Motorradfahrer der im Innenhof am Motorrad werkeln durfte. Die Ölflecken passen leider nicht so ganz in das Muster der Bodenfliessen rein.) und der Besuch des beinahe vollständig ausgetrockneten Aralsees. Seit ich als kleiner Junge (war ich tatsächlich mal) Bilder von Schiffen in der Wüste sah, wusste ich, dass ich das mit eigenen Augen sehen musste. Denn welchen Sinn machte es, Schiffe in der Wüste zu bauen? Warten auf die nächste Flut? Der Grund ist natürlich ein anderer, die Tragik wird einem bewusst wenn man vor Ort ist. Das ehemalige Fischerdorf Muynak ist nun 100 km vom See entfernt, die Fischerboote als Mahnmal in der Wüste liegen gelassen. Fische im Aral gibt es eh nicht mehr, das kleine Konzentrat ist zu salzig und vergiftet von all den Pestiziden und Dünger der Landwirtschaft. Denn die Zuflüsse wurden und werden für die Bewässerung der Felder gebraucht, das verseuchte Rinnsal das übrig bleibt, reicht nicht aus um die Verdunstung auszugleichen. Weitere Baustelle: die Sowjets benutzten mitten im Aralsee eine Insel für Tests mit Biokampfstoffen. Macht Sinn, das Zeugs auf einer Insel zu lagern. Macht weniger Sinn, wenn die Insel plötzlich wegen fehlendem See zur Halbinsel wird. Noch dämlicher ist es, das Gebiet sich selber zu überlassen ohne vorher Rückbau zu betreiben. Man geht davon aus, dass es sich bei dem Ort um das weltweit grösste mit Anthraxsporen verseuchte Gebiet handelt. Was, wenn die verseuchten Ratten und sonstigen Viecher den Weg ins nächsten Dorf finden? Was, wenn ein paar Irre dort die Zutaten für einen biologischen Anschlag besorgen? Bewacht und gesichert ist das Gebiet nicht. Offroadfahrzeug und Schutzkleidung ist genug. Anfahrt und Gebäude kann man gut auf Google Maps erkennen. Bedarf an biologischen Kampfstoffen hatte ich keine, so beschränkte ich mich auf ein paar Fotos der Schiffe und fuhr die 200 km zurück nach Nukus.


Gegenwert von ca. 120 US $


Zuschauer beim Beladen der Motorräder.


Weit weg von seinem Element.


Schiffsfriedhof beim Aral See.

Bei der Rückfahrt hatte ich das erste Mal Probleme mit der hydraulischen Kupplung. Mit dem Nachfüllen von Hydrauliköl und Entlüften des Systems funktionierte wieder alles bestens. Dachte ich. Ebenfalls in Nukus traf ich auf Frode, einen Dänen auf einer Yamaha Ténére 660. Sein Ziel ist es in zwei Etappen um die Welt, zeitweise in Begleitung seiner Kinder, gerade eben kam sein Sohn Christian dazu, gemeinsam wollen sie bis nach Kirgistan fahren. Auf demselben Motorrad.

Wenn ich anderen Reisenden meine Route durch die Länder erzählte, kam jeweils sofort: „Ah, du machst sicher auch den Pamir Highway!“ Keine Ahnung, was ist das? Sagt wohl genug über meine detaillierte Reisevorbereitung. Dank Google wurde ich schnell schlauer und beschloss ob all der Bilder den Pamir zu besuchen. Aus geografischen Gegebenheiten hielt ich es jedoch für intelligenter, es nicht ganz alleine zu tun. Aus diesem Grund machte ich mich zusammen mit dem dänischen Team quer durch Usbekistan in Richtung Tajikistan, das Land des Pamirs. Unterwegs besuchten wir einige historische Städte mit vielem historischen Klimbim, dazwischen lange Strecken durch die Wüste. Ziemlich schön, ziemlich touristisch und ziemlich schnell mal langweilig, wenigstens für mich. Gross Kontakt zu Einheimischen hatte ich leider nicht, deswegen auch nicht viele Stories, dafür mehr Fotos.


Stadtmauern von Khiva.


Osttor in die Altstadt.


Ausblick von einem Minaret.


Ein klein wenig Farbe in der lehmigen Stadt.


Wegen der Sicht in die Innenhöfe wurden früher als Ausrufer Blinde verpflichtet.


Fahrt mit dänischer Begleitung in die nächste Stadt.


Kurz tanken. Qualität dürfte nicht ganz den Anforderungen entsprechen.


Altstadt von Buchara.


Zum Verkuppeln.


Samarkand, Innenansicht einer Kuppel.


Die goldene Schrift.


Madrasa am Registan-Platz, Samarkand. Zum Glück gibts Wiki.


So viele eindrückliche Bauten, habe den Überblick verloren. Im Vordergrund eine KTM.

Unterwegs trafen wir auf Mirko, Italiener auf einer Ur-Afrika Twin, mit demselben Weg. Aus unerfindlichen Gründen ist es nicht möglich den direkten Grenzübergang von Samarkand, Usbekistan, nach Dushanbe, Tajikistan zu nehmen, was uns zwang den ziemlichen Umweg über den Süden zu nehmen. Bei diesem Grenzübergang wurde uns erklärt, dass wir ohne Fahrzeugversicherung nicht ausreisen durften, blind der Tatsache, dass eine Versicherung nach der Ausreise keinen Sinn mehr macht und beim Eintritt ich extra gefragt habe, ob eine Fahrzeugversicherung notwendig sei. Sei es nicht, sei es doch, wie auch immer. Selbst der herbeigerufene Chef des Postens bestätigte, dass ohne Versicherung nichts fahren würde. Somit wieder raus, natürlich war nun der Versicherungstyp weg, netterweise bot sich sofort ein Taxifahrer an, in die nächste Stadt zum Büro zu fahren. Das ganze stank schon längst trauriger als meine Stiefel nach 10h Fahrt durch die Wüste, aber zu machen war nichts. Auch mein erneutes Vorsprechen bei den Grenzern half nicht weiter, denn schliesslich sehe er ja das Auto des Versicherers. Zurück zu dem Kerl, immer wieder Grenzzaun auf und zu, er beteuerte aber, dass er der Wirt sei und mit Versicherungen gar nichts zu tun habe. Neue Strategie war angesagt, einfach mal hinsetzen, was essen und uninteressiert drein schauen. Irgendwann kam dann einer, der mir sagte, dass vor dem Posten ein kleines Häuschen für die Versicherungen stand. Nur noch ein paar lächerliche Male hin und her, dann hatten wir je eine Versicherung nachträglich für je 20 US Dollar abgeschlossen, merkwürdigerweise stand dieser Betrag nirgends auf den Dokumenten und Quittung gabs nicht mal nach Drohung mit schwarzer Magie. Grenzer war zufrieden, ziemlich sicher wird die Meute am Kuchen beteiligt sein, durchsuchte unser Gepäck nach Drogen und Waffen (den Sinn bei der Ausreise bleibt mir verschlossen) und endlich waren wir durch. In Tajikistan waren wir nach 30 Minuten eingereist, so einfach könnte es sein.


Maps.Me sagt links.


Dushanbe, Hauptstadt von Tajikistan.

In Dushanbe, Hauptstadt von Tajikistan, gings recht modern zu und her, bloss so einfach Geld am Automaten beziehen ging nicht. Immerhin hatte es mehr als die rund 12 Exemplare in ganz Usbekistan, aber es musste zuerst der richtige gefunden werden. Etliche Hilfsorganisationen scheinen hier ihr Hauptquartier der Region zu haben, nah an Afghanistan und relativ sicher. Scheint sich aber zu ändern, wie ich den News entnommen habe, nicht die Distanz zu Afghanistan sondern die Sicherheitslage. Und wieder einmal gehts vordergründig um das Meine-Religion-Ist-Die-Einzig-Wahre-Und-Deine-Ist-Doof-Gezanke.

In der Stadt trafen wir wieder mit Jean-Guillaume zusammen, mit den vier Motorrädern wollen wir uns durch den Pamir kämpfen, die Sondergenehmigung für das autonome Gebiet hab ich auch erhalten, ging ganz einfach, dank den Infos auf www.caravanistan.com. Tipps für die Reise gabs vom lokalen Chef des Motorradclubs, sehr herzlicher Kerl, und am nächsten Tag starteten wir mit der Fahrt auf der M41, dem berühmten Pamir Highway in Richtung Kirgistan, etwa 2000 km Strecke, grösstenteils auf über 4000 müM. Die Nordroute brauchte Zeit, die Strasse war schlecht und eher schmal, rechts gings steil runter in den Grenzfluss zu Afghanistan, links konnte nicht viel passieren, da knallte man bei einer Unachtsamkeit direkt in die Bergflanke, Leitplanken oder dergleichen waren inexistent, wozu auch. Jeder fuhr seine Geschwindigkeit, seinem Können, dem Motorrad oder der Fotostopps entsprechend, von Zeit zu Zeit wartete der Frontmann auf den Rest. Bei einem dieser Stopps roch ich heissen Kunststoff, das Fahrerdisplay leuchtete und blinkte in allen Farben, irgendwas war deutlich zu heiss, ich war es nicht, aber der Motor schien kurz vor der Kernschmelze. Mit viel Wasser aus einem nahen Bächlein nahm ich eine Notkühlung vor, um das verflüssigen von Kunststoffteilen zu vermeiden. Die Fehlersuche ergab einen abgerüttelten Kühlschlauch, alles Wasser aus dem Kühler war futsch. Grosses Glück erfuhr ich von dem Problem nicht durch einen fiesen Kolbenklemmer.


Nordroute. Ausrutscher nach rechts nicht empfohlen.


Überquerung war nur fürs Foto notwendig.


Blau vor rot mit grün.


Blümelein, Herz erfreun.


Unvorteilhaft, wenn man dieses Schild erst nach dem Austreten hinter demselbigen erblickt. Ist aber nix passiert.


Unaufmerksame Fahrweise regelt sich von selber.


Pamirglühn.


Links: Tajikistan. Rechts: Afghanistan.


Diesmal umgekehrt.


Piste wird besser.


Frode, Mirko und Jean-Guillaume.


Sogar mit einem Stückchen Teer.


Hydraulik der Kupplung rünnt. Nachfüllen mit Sonnenblumenöl.

Nach zwei Tagen harter Piste und scvhroff-schöner Tallandschaft trafen wir in Chorugh ein, dem kleinen Hauptort der Region. Die unterwegs aufgeladenen von Frode bestellten Reifen musste er nun noch montieren, und wie so oft, wenn viele helfen kommt’s nicht gut. Die Folge war ein Loch im Schlauch, also nochmals von vorne. Bei der Abreise am nächsten Morgen stellte ich fest, dass ich wieder das Problem mit der Hydraulik habe. Die Gruppe liess ich weiterziehen und wollte das Problem beheben. Über die Trennung war ich nicht unglücklich, die Reisementalität von Frode und mir vertrugen sich auf die Dauer nicht, zudem erlebt man alleine nun mal definitiv mehr. Improvisiert gelang es mir das Problem zu beheben, statt Hydrauliköl (schwierig das einfach so aufzutreiben) musste normales Sonnenblumenöl hinhalten. Danke für den Tipp, Samuel von Meister Motorcycle! Alleine machte ich mich am nächsten Tag mit vorläufig funktionierender Kupplung in Richtung Süden auf. Die Strasse, alles ungeteert, führte entlang der afghanischen Grenze, beide Seiten waren landschaftlich irrsinnig schön, beschossen wurde ich nicht, die Leute bei den Check-Points auf meiner Seite waren freundlich, ebenso die Menschen in den Dörfern. Unzählige ausgestreckte Kinderhände habe ich abgeklatscht, manchmal nicht ganz ungefährlich. Kaum hören die Kids einen Motor, sehen einem kommen, rennen sie ohne Rücksicht auf Verluste an den Strassenrand, manchmal auch mitten auf die Strasse und halten die Hand hin für High Five. Dass die beladene Fuhre über das Geröll bei langsamer Fahrt nicht ganz so einfach zu halten ist, interessiert sie nicht. Warum auch, so schien es bei einigen zum Hauptzeitvertrieb zu gehören, auf das nächste Motor- oder Fahrrad zu warten. Nicht gerade aufregend bei einem Verkehrsaufkommen von ca. 10 Motorrädern. Pro Woche. Ganz im Süden wurde das Tal breiter, die Strasse führt eindrücklich zwischen dem Pamir Gebirge und dem Hinduschku vorbei. Es wird Getreide angebaut, man trifft auf höfliche Menschen, Reisende auf Fahrrädern (sogar ziemlich viele), eingangs von Dörfern eine Tafel die informiert, dass es dank der EU, der Regierung von Japan oder der Schweiz sauberes Trinkwasser gibt und ab und wann sorgen die Helikopter auf afghanischem Gebiet bei ihren Grenzkontrollflügen für Lärm. Talibangebiet ist 50 km südlich, mehr Kontrolle haben hier die Drogenschmuggler, schliesslich will die Welt mit Opium versorgt werden und es lässt sich viel Geld damit verdienen.

Mittlerweile hat die Hydraulik definitiv ihren Geist aufgegeben, nachfüllen ist sinnlos, somit musste ich jedes Mal um anzuhalten, mit dem Fuss den neutralen Gang reinhauen damit die Maschine nicht abgewürgt wird. Beim Starten dann das Umgekehrte: Maschine im neutralen Gang starten, die schwere Fuhre in Viererbob-Manier anschieben und bei genügend Grundgeschwindigkeit mit Schmackes den ersten Gang reinkicken und unter Triumphgeheul losbrausen. Oder, falls noch zu wenig Geschwindigkeit vorhanden war, schlitternd und schwankend zum Stillstand kommen und unter Gefluche das Prozedere wiederholen. Auf über 4000 müM eine besondere Freude und Erlebnis. War ja nur für etwa 500 km bis nach Osh, man überlegt es sich dann ein paar Mal, ob man jetzt wirklich für dieses Foto anhalten will.


Vakhan Valley, südlich vom eigentlichen Pamir Highway.


Mehr Höhenmeter, weniger grün.


Blick zum Hindukusch auf Afghanischer Seite.


Will, ein irregulärer Ire.


Foto gemacht von Will.


Nicht die Alpen, aber auch nicht schlecht.


Pamir.


Von der Frau angefragt worden für Mittel gegen Angina. Zigaretten seien auch recht.


Wieder auf regulärem Pamir Highway. Immer noch über 4000 müM.


Hügel rechts und links wirken niedlich. Sind aber 5000er.


Campingplatz ist schnell gefunden. Einfach an gewünschter Stelle Zelt aufbauen.


Gerade aus, denn links.


Der Farbe nach ists kein Benzin. Aber die Maschine lief.


Entlang dem chinesischen Grenzzaun.


Kurz vor dem höchsten Pass.


Geschafft.

Die Pässe und Berge wurden höher, die Gegend karger, trotzdem lebten noch Leute in dieser unwirtlichen Gegend, trieben ihre Herden zu den kargen Weidegründen und überlebten irgendwie. Die Luft war dünn, ich stellte es vor allem beim Schlafen fest, ein paar Mal bin ich wegen Atembeklemmung aufgewacht. Trotz allem ist es erhebend in dieser Gegend zu reisen, die Landschaft wunderschön. Zwischen Murgab und Karakul führt der Pamir Highway über den höchsten Pass der Region, Akbaytal Pass auf 4655 müM, die KTM befuhr ihn ohne zu Mucken, und das sogar mit dem 80 Oktan Benzin, dass es seit Usbekistan mehrheitlich gibt. Über das Übernachten muss man sich keine Sorgen machen, in den kleinen Dörfern hat es genügend Homestays, wahrscheinlich so ziemlich der einzige Devisenbringer. In einem dieser Homestays auf rund 4200 müM warb man mich mit der Verlockung einer heissen Dusche an, ich konnte nicht widerstehen. Während ich der Familie beim Kochen zuschaute, kam auf einmal der Herr des Hauses und beschied mir, dass die Dusche bereit sei. Ich folgte ihm nach draussen in ein kleines Häuschen, darin befand sich ein Ofen, auf welchem das Wasser in einem Kessel erhitzt wurde, daneben ein weiterer Kessel mit kaltem Wasser und ein Dritter fürs Mixen. Schöpfkelle ersetzte die Brause, Loch im Boden den Abfluss. Alles bestens, die Technik war schnell erlernt, das Wasser warm und ich wieder sauber. Beim Abtrocknen meiner einer begutachtete ich den Brennstoff, kleine trockene Büsche, kleiner als ein Heidelbeerstrauch. Draussen sah ich weit und breit keine Sträucher (dafür aufestaplten trocknender Kuhdung, ein anderer Brennstoff), viel karger kann es nicht mal auf dem Mond sein. Ein paar Marschstunden entfernt würde man noch welche finden, sagte man mir. Und um die gesehene Grösse zu erlangen daure es rund 50 Jahre. Drei Sträucher waren nötig für die Dusche. 150 Jahre in Rauch aufgegangen, damit ein blöder Tourist warmes Wasser hatte.


Karakul.


Besser gehts nicht.


Sonntagsspaziergang. Vielleicht wars auch Montags.


Saubere Wäsche.


Von Kirgistan Blick zurück nach Tajikistan. Rechts irgendwo Pik Lenin, 7134 müM.

An der Grenze zu Kirgistan fing es an zu schneien, der Übertritt ins nächste Stan-Land ging unter den skeptischen Blicken der Grenzer rasch von statten. Skeptisch deswegen, weil ich nach der Grenzkontrolle und Öffnung des Schlagbaus zuerst das Motorrad wendete in die Richtung aus der ich kam, den Berg runter rollte, die Maschine in den ersten Gang zwang, irgendwo eine Stelle zum Wenden fand und das Land dann endlich verliess, respektive betrat. Probleme mit Fahrzeugen sind jedoch hier normal, die Weiterfahrt wegen möglicherweise fehlender Verkehrssicherheit wurde nicht verhindert. Mein Ziel war Osh, rund 200 km nach der Grenze. Dort gab es die Firma MuzToo, Motorrad- und Trekkingreisen im Angebot, unter Schweizer Leitung und als netter Nebeneffekt, mit einem fähigen Mechaniker. So ziemlich jeder Überlandreisende mit eigenem Fahrzeug kommt dort nach dem Pamir vorbei. Mit der Stadt fingen jedoch die Probleme für mich richtig an. Nun liess sich nicht mehr weit im Voraus planen wo ich anhalten will und ein Anschieben bei Rotlichter und im Stau ist nicht denkbar. Die Leute von MuzToo konnten helfen, sie sendeten mir ein Fahrzeug und luden die KTM auf, brachten mich zu der Garage und gaben mir die Adresse eines Gästehauses. Stas, der Besitzer des Guesthouses und seine Familie nahm mich freundlich auf. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass ich total 17 Tage bei Stas verbringen würde. Nicht wegen der Reparatur, die war in einem Tag erledigt, inklusive dem erneuten Schweissen des Kofferträgers von Touratech, sondern weil ich auf meine Postcard aus der Schweiz wartete. Das Plastikding habe ich in einem Geldautomaten in Georgien vergessen und weil man keine ausländischen Bank- oder Kreditkarten im Iran verwenden kann, bemerkte ich diesen Umstand erst in Usbekistan. Dort forderte ich umgehend einen Ersatz an, voraussendend nach Osh. Gemäss Aussagen der Schweizer Post dauere es höchstens 7-9 Tage, bis die Karte in Kirgistan ankomme. Wie bereits erwähnt dauerte es ein klein wenig länger, total drei Wochen. Schlussendlich nicht tragisch, ich genoss meine Ferien innerhalb den Ferien, eine Pause tat gut. Mit Stas und seiner Familie verstand ich mich bestens, am Abend kochten wir jeweils abwechselnd für einander, europäisch, russisch, kirgisisch. Rumhängen mit Kollegen und neu ankommenden Gästen, spielen mit der kleinen schwarzen Miezekatze mit dem neurologischen Problem, Alltagsleben, sich treiben lassen, nur der Bier- und Snickerskonsum nahm langsam Überhand.


Wieder einmal mit Auto unterwegs.


Europäische Kochstunde.


Russische Kochstunde.


Katzische Ruhestunde.

Endlich kam die ersehnte Postcard, das Geld in Plastikform. Stas organisierte in der Zwischenzeit ein Motorrad, nebensächlich dass er nach einem Zwischenfall mit der lokalen Polizei keinen Führerausweis besass, mit der Absicht mich ein wenig bis nach Bishkek zu begleiten. Dazu kamen noch Jenny und Arthur, beides Biker aus Israel, ebenfalls auf dem Weg nach Osten. Mit dieser kleinen Reisegruppe machten wir uns ins Innere von Kirgistan auf, wunderbare Landschaften, einfach zum Geniessen. Wäre da nach 200 km nicht wieder erneut das Problem mit der Kupplung gewesen. Hueregopfvürsdvkuhk!!! Man ist‘s sich ja noch gewohnt, bei unpassenden Stellen halfen mir die netten Mitreisenden beim Anschieben, nur das ferne Bishkek mit all den Kreuzungen und dem Verkehr machten mir Sorgen. Die Tage und Abende gingen schnell vorbei, irgendwann trennten sich Jenny und Arthur weil sie in Richtung Süden wollten, Stas und ich nach Bishkek. Das Tal vor dem Song-Kul See erinnerte stark an die Alpen, der See auf der riesigen Hochebene mit all dem grünen saftigen Gras, den vielen Pferden und Jurten wirkte wie eine Vorschau auf die Mongolei. Auf die angebotene vergorene Stutenmilch verzichtete ich vorläufig, die Probleme mit dem Motorrad reichten mir.


Grünes Kirgistan.


Follow me.


Talfahrt.


Altes Kirgistan, bei all diesen Falten.


Kurven!


Arthur, Jenny und Stas. Links begonnen.


Die selben Personen, umgekehrte Reihenfolge. Von vorne gesehen.


Berner Oberland? Immer noch Kirgistan.


Mongolei? Immer noch Kirgistan.


Aussicht auf Regen.

Bishkek hätte mich auch bei arktischen Temperaturen zum Schwitzen gebracht, aber erschwerend kamen die 35°C dazu. Die vielen Fahrzeuge, der stockende Verkehr, die gewöhnungsbedürftige Fahrweise der Bishkeker und die vielen Ampeln machten ein entspanntes Fahren ohne hydraulische Kupplung unmöglich. Kurz vor der grossen Verzweiflung trafen wir beim Motorradclub mit seiner Werkstatt ein. Nur soweit reparieren, dass ich nach Almaty komme, etwa 300 km, dort wartete die KTM Werkstatt und somit meine Erlösung auf mich. Sie reparierten es. Neuer Dichtring, neues Glück. Vor meiner Weiterreise durfte ich noch mit Stas und seinem Bruder in den Hügeln um Bishkek offroad das Motorrad testen, etwas was in der Schweiz kaum möglich ist. Die ganzen Kühe, Bergweiden und auf den ersten Schnee wartende Skilifte gaben jedoch ein ziemliches Alpengefühl. Die Testfahrten um Bishkek verliefen erfolgreich, ich war zuversichtlich. Am Vorabend der Abreise noch einmal Schaschlik zum Abwinken, Bier in rauen Mengen und Wasserpfeife zum Abrunden. Von Kirgistan habe ich streckenmässig nicht besonders viel gesehen, hatte aber dank den netten und hilfsbereiten Leuten dort eine wunderbare Auszeit.


Bishkek.


Stas auf Abwegen.


Offroad um Bishkek.


Staff des Motorbikeclub Bishkek zu früher Stunde.

Der O-Ring hielt. Ich erreichte nach einem rund 2 stündigen Grenzübertritt und 300 km Fahrt durch die Steppe Almaty. Der Anblick des orangen Gebäudes mitten in der Stadt erfüllte mich mit Freude. Meine angeforderten Ersatzteile inklusive der neuen Reifen für ab Beginn der Mongolei sind eingetroffen und die Werkstatt war für die Servicearbeiten bereit. Die Arbeiten sollten ein paar Tage dauern, kein Problem für mich, Hauptsache das Motorrad war fit für bis nach Japan, dort gibt es wieder Ersatzteile. Almaty, die frühere Hauptstadt und immer noch wirtschaftliches Zentrum von Kasachstan gefiel mir. Zwar nicht wirklich asiatisch, eher westlich und ziemlich modern, ist sie doch nach rund 2,5 Monaten eine willkommene Abwechslung. Irgendwo in meinem Gepäck fand ich die Visitenkarte von Frank, einem Holländer und KLM Manager von Zentralasien. Die gab er mir in Usbekistan, während ich mit Frode und Mirko Fotos vor einer Stadtmauer machte. Weil er selber auch Motorrad fährt, lud er uns ein, bei einem Besuch in Almaty zusammen ein Bier zu trinken. Ob die anderen von dieser Einladung Gebrauch machten entzieht sich meiner Kenntnis, aber ich bereute es nicht, im Gegenteil. Wir trafen uns im Shakespeares Pub in Downtown, einer Tränke für Expats. Wir waren uns sympathisch und der Zufall wollte es, dass Nachts darauf von der Internations Vereinigung in Almaty eine White Pool Party stattfand, wobei White nicht für die Hautfarbe, sondern die Kleider stand. Pool Party hörte sich fein an. Weisse Kleidung hatte ich zwar nicht dabei, ist auf Reisen denkbar unpraktisch, verträgt sich so schlecht mit Kettenschmiere. Aber spätestens als Frank mich vorwarnte, dass bestimmt 80% der Gäste Frauen sein würden, konnte es unmöglich ein Problem sein ein weisses Hemd aufzutreiben. War es auch nicht. Und als ich mich am späten Abend in diesem Pool Club mitten in einem riesigen Stadtpark einfand, suchte ich die Kameras und den Regisseur, kannte ich eine solche Szene doch nur aus Filmen. Wunderbare Lokalität, tatsächlich viele Frauen, elegant und aufreizend gekleidet, kombiniert mit relaxter Stimmung und Freibier, da konnte beim besten Willen nichts mehr falsch kommen. Tat es auch nicht. Frank war noch nicht da, aber genügend Gäste kümmerten sich um diesen Neuankömmling. Die Nacht verging viel zu schnell, man zog noch in eine nächste Bar, ein nicht minder schlechter Ort, dann graute der Tag und mir von eventuellen Kopfschmerzen. Alleine war ich nie, dafür wurde von netten Menschinnen gesorgt. Die weitere Erzählung verbietet mir der Anstand, aber ich hoffte, dass sich die Reparatur des Motorrades noch ein wenig hinziehen würde.


Party by Internations Almaty. Photos by Elvira Abdulpattayeva.

Almaty erschien plötzlich in einem neuen Licht. Aber das ist eigentlich mit jedem Ort so, an dem ich jemanden kennenlerne und mir die Stadt nicht als Tourist, sondern als Besucher zeigt. Man sieht das Tägliche, nicht nur das Touristische. Mit Leuten um die Häuser ziehen, Insidertipps erhalten, am Abend gemeinsam Essen und Ausgehen, es erhält eine ganz andere Dimension. Die Zeit vergeht wie im Fluge, ich konnte mein Motorrad bereits nach einer Woche abholen. Einerseits froh, andererseits hätte ich es noch weiter ausgehalten, machte ich mich einen Tag später mit ein bisschen weniger Gepäck (ein paar überflüssige Sachen habe ich nach Hause geschickt), dafür mit zwei Ersatzreifen auf dem Topcase, wieder auf den Weg. Weit kam ich nicht, nach 40 km verlor die Kupplung wieder an Druck und ich die Nerven. Das Ganze zurück, Nahtoderfahrungen im Stadtverkehr gemacht und die Maschine um zwei Uhr morgens im autolosen Almaty zur Werkstatt gefahren. Die Leutchen in Almaty begrüssten mich zurück, diesbezüglich machte eine weitere Verzögerung nicht allzu viel aus, mehr Sorge machte mir das auslaufende Visum. Telefonanruf zu meiner Garage in der Schweiz, Samuel erläuterte mir dann, dass es sich um ein bekanntes Problem handelt, er empfiehlt den Austausch des kompletten Nehmers. Aha. Die Almaty KTM Jungs waren auf Zack, das Zeugs schnell bestellt (zur Sicherheit bestellte ich den Geber, Leitung und ein Ersatzmotorrad dazu, jedenfalls fürs Letztere geriet ich zumindest in Versuchung). Während ich auf das Eintreffen der Teile aus Österreich wartet, genoss ich weiter das nette Leben in Almaty. Zwischendurch flog ich noch kurz nach Bishkek und zurück, einfach so, ein 5 Stunden Unternehmen. Weil: Ich hatte ein 30 Tagesvisum für Kasachstan. In mitten der Dauer des Visums änderte die Regel für Schweizer, die brauchten für 15 Tage kein Visum mehr. Aber verlängern konnte ich das bisherige Visum nicht. Und nein, die 15 Tage konnte ich nicht anhängen. Geht nur über das Land verlassen und wieder einreisen. Da war die Wahl zwischen 5 Stunden Fahrt mit dem Bus zur Grenze, 2h Grenzkontrolle und wieder 5 Stunden Rückfahrt, das bei ca. 35°C oder 250 US$ für einen kurzen Flug. Ich entschied mich für das zweitere. Wegen der Ausreise ohne Motorrad machte ich mir umsonst Sorgen, interessierte nämlich niemanden. Die Zolldeklaration von der Einreise her wollte keiner sehen, auch sonst war die ganze Formalität ein Klacks. Warum dann jeweils so ein Brimborium über Land, fragte ich mich.

Nach einer weiteren Woche war das Motorrad erneut repariert. Zudem fand ich noch Zeit den Heckrahmen der KTM schweissen zu lassen. Auf dem Pamir ist einfach so eine Stützstrebe herausgefallen, natürlich das Ding mit dem Behältnis mit ein paar Ersatzteilen und Werkzeug dran, ist ja klar. Das kann schon mal passieren bei einem solchen Motorrad, wurde nur für Rallyes und dergleichen gebaut. Enttäuschend. Als Testfahrt entschied ich mich für ein paar Kilometer mehr als die letzten Male. 250 km weiter im Osten befand sich ein kleiner Grand Canyon, sagte man mir. Passt. War aber wirklich ein sehr kleiner. Und rumfahren im Canyon war auch nicht. Dafür habe ich Ian, Engländer auf einer KTM LC8, getroffen. Zusammen sind wir nochmals etwa 300 km gefahren für eine singende Sanddüne. Sieht und hört man ja nicht alle Tage, also war’s der Umweg wert. Als wir bei diesem Nationalpark ankamen, war der Schlagbaum geschlossen. Der nette Herr fragte nach dem Ticket. Hatten wir nicht. Gab‘s hier nicht. Nur im Örtchen vorher, 7 km, ist ja keine Distanz. Musst fragen wo, ist nicht angeschrieben. Na gut, will das Ding singen hören. Zurückfahren, Behörde suchen, Behörde finden, abgewiesen werden. Zu spät, Nationalpark geschlossen, Düne ist Müde, mag nicht mehr singen. Wieder zurück zum Schlagbaum, Ian wartete ja noch dort. Netter Mann vom Schlagbaum: Ah ja, schon so spät. Nein, kein Durchkommen mehr, morgen wieder. Freundlich gelächelt und die paar kleinen Kilometer (300) zurück nach Almaty gefahren. Immerhin, 750 km und die Kupplung funktioniert in der ganzen Pracht. Am übernächsten Tag (Almaty hat mir wirklich sehr gefallen), fuhr ich gegen Norden zur russischen Grenze.


Almaty.


KTM Garage Agent Orange, Almaty.


Kleiner Grand Canyon.

Total 2400 km nach Barnaul, Russland, von dort via dem Altai Gebirge in die Mongolei. Über China wäre es kürzer, aber die Chinesen wollen nicht einfach so motorisierte Individualreisende im Land. Die Steppe in Kasachstan war nicht besonders spannend, die Strasse meisten geteert, wenn keine Baustellen oder Herden die Strasse blockierten gab’s ein gutes Vorwärtskommen. Übernachtet habe ich jeweils abseits der Strasse an netten Plätzchen im Zelt, für den 1. August fand ich sogar einen Cervelatersatz und genügend Holz für ein 1.-August-Feuer(chen). Auf das Abfeuern der Notraketen als Feuerwerkalternative verzichtete ich, möglicherweise hätte ich damit eine operative Hektik oder zumindest eine gewisse Irritation ausgelöst, so nahe der russischen Grenze. Wollen ja keine Krim hier. Der Grenzübertritt zu den Russen war super, richtig professionell. Alles schön erklärt, Dokumente sauber überprüft, kurze Kontrolle des Motorrades und „Welcome to Russia!“. Barnaul selbst war einfach zu erreichen, die Strasse tiptop, dank Jean-Guillaume hatte ich sogar die Adresse für ein anständiges Hostel mit funktionierender Dusche, meiner einzigen Anforderung an den Übernachtungsplatz. Am nächsten Tag stellte ich fest, dass das Städtchen es Wert wäre für ein paar Stunden entdeckt zu werden, aber ich wollte unbedingt in die Mongolei. Zwei Tage Fahrt waren nötig, durch wunderschönes Berggebiet des Altais, viel Wald, Flüsse, Berge, Hügel und wilder Natur. Wussten auch die Russen und machten das Gebiet zu einem ziemlichen Ferienziel. Viele Hotels, Camps, Freizeitaktivitäten (River Rafting, Klettern, Reiten, Mountainbiken und vieles mehr) und Restaurants gab es entlang der Strasse. Das Gebiet war gut besucht, auch die vielen wilden Campingstellen wurden benutzt. Ähnlich wie die Iraner scheinen die Russen der Region gerne draussen zu sein. Durchaus nachvollziehbar bei dieser Naturschönheit. Für mich fand ich nach dem Einbrechen der Nacht ein nettes kleines Hotel, statt Dusche gab’s ein kleines Badhaus mit einer holzbefeuerten Sauna. Das verlockende Bett konnte warten.


Es lohnt sich ein wenig Zeit aufzuwenden, um einen anständigen Zeltplatz zu suchen.


Für eine Nacht sollte es reichen.


Immer gerade aus, quer durch die Steppe. Gibt spannenderes.


Altai Gebiet.


Mittagspause.

Der Übertritt in die Mongolei verzögerte sich ein wenig. Die Russen hatten Mittagspause. Ich schloss mich derer an und harrte der Dinge die da kamen. Wegen den vielen Leuten dauerte es eine gewisse Zeit, ansonsten waren die Formalitäten auf russischer wie auf mongolischer Seite schnell erledigt und ich ein Land weiter.

Die Mongolei. Ein Hauptziel meiner Reise. Enorm gastfreundliche Menschen, riesige Weite, grüne Fläche, Sandwüste Gobi, Nomaden mit ihren Jurten, Offroadparadies, spannende Kultur und viel zu entdecken.

So zumindest meine Vorstellung.



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7 Kommentare - » Kommentar eintragen

Dave - 17.09.2015 - 16:43 Uhr Toller Bericht, ehrlich und authentisch geschrieben mit witzigen Passagen. Hoffe Deine Maschine schafft den Rest!
Gruess aus den Alpen ;-)

Mams - 17.09.2015 - 22:37 Uhr Härzliche Dank, Mike, für die interessante (und amüsante) Reisegschichte!

Wolfgang - 25.09.2015 - 22:15 Uhr Endlich geht der Reisebericht weiter, hatte schon Entzugserscheinungen. Schön, dass Du noch immer gut vorankommst, und die KTM nicht gänzlich schlapp macht. Bei den tollen Bildern werde ich ganz neidisch. Grandiose Landschaften.
Lass mich nicht wieder so lange auf eine Fortsetzung warten.

Lilo - 14.10.2015 - 15:59 Uhr Alle Berichte sind super.Bekomme richtig Fernweh.Leider ist in meinem Alter und als Frau diese interessante Reiseart nicht mehr möglich. Schön dass wir durch Deine Bericht mitreisen können.Ich freue mich auf den Mongoleibericht,mach bitte weiter.

Chris - 30.10.2015 - 20:44 Uhr Wir trafen uns damals im Iran und ich hab mal wieder gedacht, dass ich auf deinem Blog vorbei schaue... Einfach großartig! Super Bilder, das macht unglaublich Lust auch dort hin zu reisen. Solche Erfahrungen vergisst man nicht mehr!
Liebe Grüße und eine schöne, sichere Reise!
Chris

Pesche - 17.11.2015 - 10:25 Uhr Hallo Bidi, vo mir us chsch no chly witterfahre, cha mer gar nid vorschteue das dini Brichterschtattig ufzmau chönnt ufhöre.....
Super interessant..........
Gruss
AZ

Henning - 21.12.2015 - 15:17 Uhr Hallo,
wir waren mit 3 XT 600 in 2013 auch im Pamir, war wunderschön, wie du es beschreibst. Ich bin schon gespannt auf den Bericht Russland nach Japan über die Mongolei, weil das steht für 2017 auf unserem Programm.
Übrigens: Fahr unbedingt zum Baikal, ist wunderschön dort. Wir sind 2011 von UB zum Baikal und dann nach Hause, ein Erlebnios. Aber der Pamir-Trip war besser!
Gruß Henning

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