08.05.2015 Kurucasile, TR km 26'808 – 17.05.2015 Syunik, Armenien km 28'771
Um einen lustigen Abend in Georgien zu
verbringen, man nehme: das erste Hotel auf dem Weg, nachdem frisch
getankt wurde, es einnachtet und zu regnen beginnt. Man ignoriere: die
Blutspuren im Bad, es wird sicher alles seine Richtigkeit haben und sich
schlüssig erklären lassen. Man bemerke: das Hotel befindet sich noch im
Bau, übersehe aber diesen Umstand. Man missachte: dass die Begrüssung
eher kühl ausfällt, das wird schon noch. Weiter braucht es: keine
Hemmungen, ein grosses Bier, eine PET-Flasche Weisswein, oder wie sie
das Zeugs hier nennen mögen, womit ich normalerweise die Fugen der
Dusche von Schimmel befreie, und ein paar Schnaps aufs Haus. Der
wichtigste Part übernimmt im Anschluss ein Zeigewörterbuch von Pons. Der
Rest ergibt sich von alleine.
Der Reihe nach: die Jungs in Kurucasile waren
nett, hinterlassen aber einen faden Nachgeschmack. Ich sollte mich mehr
auf mein Bauchgefühl verlassen, aber irgendwie wird's dann langweilig
und es gibt wenig zu schreiben. Also ignoriere ich es. So zum Beispiel,
als die Alarmanlage des Motorrades anging und die drei Jungs mir einen
guten Tag zuriefen, verdächtig nahe der KTM. Schlechtes Gefühl, also
überprüft man sein Motorrad vor der Abfahrt sorgfältig und begnügt sich
nicht damit, froh zu sein, dass es noch da ist. Schlechtes Gefühl beim
Abschied, so hätte ich vermieden, mich mit einem türkischen
Nationalistengruss ablichten zu lassen, habe ich doch das Gefühl gehabt,
dieses Wolfszeichen schon mal gesehen zu haben. Aber man lernt ja dazu.
Weiter nicht schlimm.
An dieser Stelle erinnere ich mich gerade
kurzerhand an die Dusche in diesem Hotel. Könnte zwar auch eine Dusche
an einem x-beliebig andern Ort sein, ist nämlich bei weitem nicht die
einzige, aber ie Erinnerung ist hier und jetzt, also schreibe ich sie
hier nieder. Die Duschen sind auf Reisen einen Fall für sich. Auch klar,
in Richtung Osten wird es noch ganz anders kommen. Ich stelle mir aber
vor, dass es nicht so schwierig sein kann, ein paar Rohre richtig
anzuschliessen und dabei auf die Farben zu achten. Mir ist bis jetzt
jedenfalls keine Kultur bekannt, bei der die Farbe rot für kalt steht.
Fachmann auf dem Gebiet Sanitärinstallationen bin ich freilich nicht,
vermute aber, dass wenn die Warmwasserleitung glüht, der Boiler
möglicherweise zu heiss eingestellt ist. Die Dampfexplosion beim
Aufdrehen des Wasserhahns verstärkte meinen diesbezüglichen Verdacht.
Dafür wurde nun mit einem Mal alles sich im Raum befindliche, ich
eingeschlossen, durch die Hitze keimfrei. Andere Duschen können auch
spontan Schockgefrieren, je nach Lust und Laune, wobei ich keine Ahnung
habe, woher die das Gletscherwasser haben. Und über die Vorteile einer
mitteleuropäischen Toilette lasse ich mich ein anderes Mal aus.
Schlussendlich ist es jeweils nur schön, nach rund 8-10h auf dem
Motorrad fliessendes Wasser zu haben.
Zurück aber zur Geschichte. Dass die Jungs,
wohlgemerkt alles Vermutungen, den Hauptschalter und die Benzinzufuhr
abgeschaltet haben, bemerkte ich ja auch noch. Nummer eins sofort,
Nummer zwei erst als das Motorrad unter Fehlzündungen stehen blieb.
Dafür bemerkte ich bei der Fehlersuche, dass die KTM Öl vertragen würde,
somit hatte der Schabernack auch sein Gutes. Die Küstenstrasse war eine
Klasse für sich. Wenn sie nur ein wenig näher wäre, ich würde sie alle
Wochenenden fahren. Wahnsinns Panorama, keinen Verkehr, unendliche
Kurven, spannende Dörfchen, immer gleich aufgebaute Städte. Die Türken
bevorzugen das verdichtete Bauen, ein Wohnhaus am anderen, in Gegenden,
wo ich mich fragen, wer denn diese Wohnungen beziehen soll. Die
Küstenstädtchen beginnen mit grossen Wohnhäusern, dann kommt er
ursprüngliche Teil, dann wieder Wohnhäuser. Das Zentrum ist jeweils
belebt, es hat Grünanlagen und Bänke zum Verweilen, Leute spielen
Brettspiele oder Karten vor den Kaffees, Hunde liegen einer zähen
Flüssigkeit gleich auf der Strasse rum. Die Wohnhäuser am Stadtrand
hingegen scheinen leer, vielleicht füllen sie sich während der
Touristensaison, was weiss ich. In Sinop, meinem Wunschort zur
Übernachtung hörte ich dann doch mal auf mein Bauchgefühl. Viele Symbole
der rechtsnationalistischen Partei, tosendes Geplärr aus Lautsprechern,
viele Menschen mit entschlossen-grimmigem Gesichtsausdruck auf der
Strasse, nervöse Sicherheitskräfte, kein Ort zum Übernachten. Nun Gut,
eine Alternative fand ich ein paar Kilometer weiter in einem netten
Hotel mit sehr einheimische Restaurant. Dies ist einer der Vorteile mit
eigenem motorisierten Fahrzeug zu reisen: Zack, und man ist ein paar
Kilometer weiter. Oder auch nicht, aber das wusste ich ja zu diesem
Augenblick noch nicht. Die KTM vibriert mich weiter in Richtung
Georgien, aber zuerst bog ich bei Trabzon rechts ab zu einem alten
Felsenkloster, ein Tipp der drei Jungs in Kurucasile. Das Gemäuer
schmiegt sich eindrücklich an die Felswand, wird aber gerade renoviert
und kann nicht besucht werden. Auch mit Fotoaufnahmen aus der Nähe war
nix. Um einen besseren Blick zu kriegen nahm ich prüfend ein antikes
Gehütt in Augenschein, man ist ja des Klettern nicht unkundig. Der
Sicherheitsmensch an der Schranke ahnte übles, beobachtete mich scharf
und ich verwarf meinen Plan A. Plan B sah vor, schnell die kleine Axt
aus der Pionierkiste zu holen (man ist ja auf alles vorbereitet, nur
nicht auf das wichtige), ein wenig die Bäume ausdünnen, da hätten alle
was davon, es gäbe ein wahnsinns Sujet. Dann bemerkte ich beiläufig eine
dieser Hinweistafeln, dass ich mich hier in einem international
schützenswerten Naturpark befinde. So was aber auch. Abfallhalden
allüberall, aber Bäume schützen. Nun gut, müsst ihr euch also mit dieser
Aufnahme begnügen:
Kloster Sumela bei Trabzon
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Auf dem Rückweg fuhr ich kurz bei einer
Motorradgarage vorbei, hatte der Kerl doch den berühmten orangen
Aufkleber an der Fassade. Wollte noch Zeugs um den Luftfilter zu
reinigen bunkern. Wärmstes von Denis, dem Inhaber des Laden, begrüsst
worden. Sein Junior war begeistert von Charly, und ich gehörte sofort
zur Familie. Oder zumindest die Stoffratte. Denis telefonierte rum,
probierte den Klim an (war auch Vertreter hierfür, hatte aber noch nie
einen Anzug in der Hand, will sich nun sofort einen kaufen), meldete
Erfolg in Sachen Flüssigkeit, und ob ich schon was für die Nacht
gefunden habe. Denn der Reiniger sei erst morgen zu holen. Übrigens
stehe hier mein Gastgeber für die Nacht soeben im Eingang, der sei
selber Motorradfahrer und Sofasurfer. Seyfer, netter Kerl, lud mich
umgehend zu frischem Fisch in einem Hinterhofrestaurant am schwarzen
Meer ein, urgemütlich und echt feiner Fisch. Der Weg zu seinem Häuschen
wäre in jedem Film einer ohne Wiederkehr, die unbefestigte Strasse
führte ins Nirgendwo, bis hinter einer Kurve Blaulicht aufblitze und ein
Warnschild auf eine Radarkontrolle hinwies. Seyfer ignorierte alles und
fuhr daran vorbei. Ich rechnete mit Salven aus einer Kalaschnikov, die
blieben aber aus. Weit und breit kein Polizist, nur ein breit grinsender
Seyfer, schliesslich ist die falsche Kontrolle sein Werk, einfach so zum
Spass. Nicht zum Spass ist die halbautomatische Baikal Schrotflinte
hinter der Eingangstüre. Die sei für Gäste welche nicht auf der
Einladungsliste standen. Beruhigt nicht zu denen zu gehören, gings bald
zu Bett, nicht ohne ein paar seiner Sofasurfer Geschichten vernommen zu
haben. Unglaublich, so manches.
Deniz, KTM-Werkstatt in Trabzon, motoege.com
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Zufahrt zu Seyfers Haus. Viel eindrücklicher bei Nacht.
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Zweite Werkstatt. Von links: Besitzer, zwei Motorradkäufer aus
der Hauptstadt, Seyfer, BMW-Fahrer und Radfahrer.
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Nächsten Tags kriegte ich mein Putzmittel,
original von Motorex. Swissmade. Natürlich läuft das hier nicht so wie
bei uns, Ware nehmen, bezahlen und gut, sondern Tee trinken, plaudern,
Sachen zeigen, noch mehr Tee trinken, dabei werden meinem Motorrad auch
noch die Scheinwerfer von einem der Kunden geputzt. Er erklärte mir wie
wichtig gutes Licht sei, er selber fahre kein Motorrad mehr, zu
gefährlich. Nun radfahre er, das sei Gesund, man beachte seinen
trainierten Körper und das in seinem Alter. Meiner persönlichen Meinung
nach ist Fahrradfahren auf türkischen Strassen nur eine einfache
Alternative zu Exit. Froh über einen Motor zu verfügen, passierte ich
nach rund 200 km die Türkisch-Georgische Grenze, weiter keine Probleme,
ging sogar ganz flott. Irgendwann mal konnte ich auch die
Verkehrsschilder soweit entziffern, dass ich meine gewünschte Strasse in
Richtung Hauptstadt fand. Die Strasse schlängelte sich wunderbar einem
Tal entlang, überall grüssende Menschen am Strassenrand, fühle mich an
Bilder aus dem zweiten Weltkrieg erinnert, auf denen die Befreier
begrüsst werden. Dabei fahre ich bloss Motorrad. Gegen Eindunkeln zeigt
mein Gefährt Durst an, zudem beginnt's auch noch zu Regnen. Wie
gewünscht erscheint eine Tankstelle, grosses Hallo und kleiner Preis,
der Liter Benzin für 70 Rappen. Wie schön! Hotel gebe es eine Kurve
weiter, wurde mir beschieden. Und somit wären wir schon beim Eingangs
erwähnten lustigen Abend. Der erst kühle Gastgeber taute rasant auf, als
ich nach heimischem Wein und Bier verlangte. Er sah in mir eine
Möglichkeit nicht alleine trinken zu müssen, so wie vermutlich die
letzten paar Abende zuvor. Mir war die Gesellschaft recht, seine Frau
kochte ein paar tolle Speisen, unterdessen unterhielten wir uns in einem
babilonischen Sprachengemisch, die Gläser füllten sich automatisch, es
grenzte an Magie. Während dem Essen sass die Ehefrau dazu, sie wollte
gerne von mir ein paar englische Wörter lernen, schliesslich war dies
ein Hotel und der Tourismus begann in Georgien anzuziehen. Um überhaupt
zu verstehen was sie übersetzt haben wollte, nahm ich mein Wörterbuch
ohne Worte hervor. Eine prima Sache: ein Büchlein mit Zeichnungen und
Fotos auf die man zeigen kann. Natürlich gabs nicht für alles ein Bild,
somit mussten Szenen nachgespielt, Dinge aus der Küche geholt und
natürlich immer wieder getrunken werden. Cha-Cha, Schnaps aus
Traubentrester analog dem Grappa, hat es in sich. Gemeinerweise zeigt er
seine Wirkung erst verzögert. Dann ist's bereits zu spät.
Schutar und Medea in Hulo.
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Der Kopf verhinderte ein vorgesehen frühes
Losfahren. Das Pochen im Schädel bestand auf ein paar Minuten
zusätzlichen Schlaf. Sicher nicht die schlechteste Entscheidung, denn
500 m nach dem Hotel gab es plötzlich keine Strasse mehr. Mehr so etwas
wie man aus den Dokumentarfilmen über Goldgräber kennt. Oder aus James
Bond Filmen, bei denen die Bösewichte in irgend einem abgelegenen Tal
mit miserablen Wegen (die Verfolgungsjagd muss ja spektakulär sein)
etwas gegen die freie Welt bauen. Dazu kam noch ein Pass mit
Schneemauern, die der Grimsel in nichts nachstanden und einem hässlichen
Geräusch aus dem Bereich des Motors, welches mich erahnen liess, dass
ich das heutige Kilometerkontingent wohl nicht erreichen würde. Ach, ich
vergass den einsetzenden Regen. Gnädigerweise passierte das nur ca. 200
m nach eine kleinen, ich würde gerne sagen namenlosen Dorf, aber es ist
auf der Karte als Adigeni verzeichnet. Mittels Bilderbuch erklärte ich
mein Bedürfnis nach einem Dach um meine Bestie zu zerlegen, das
geschäftige organisieren ging los, ich durfte den Versammlungsraum der
Gemeinde benutzen. Eine riesige hangarähnliche Wellblechhalle,
vielleicht noch aus Sowjetzeiten, auf jeden Fall sehr zweckdienlich.
Helfende Hände hatte ich genügende und kurze Zeit später erkannte ich,
weder mein Wissen noch das mitgeführte Material würden diese Maschine
wieder zum laufen bringen. Dank Google Translate konnten wir uns
einigermassen verständigen und so beschlossen wir, das halbzerlegte
Gefährt in die Hauptstadt zu bringen, die Chancen auf einen
Motorradmechaniker standen dort besser. Bus stand keiner zur Verfügung,
war auch nicht nötig, die KTM passt ohne weiteres in den Kofferraum
eines Opel Astras. Der Tank musste aufs Dach, schliesslich musste noch
ein Ersatzrad für den Opel mit.
Tolle Strasse mit Schneeresten
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KTM LC4 640 Adventure, drei Koffer, ein Rucksack, zwei Packsäcke
und zwei Personen in einem Opel Astra
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Die nette Pannenhilfe aus Adigeni
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Der stolze Chef mit seinen zwei
Jagdhunden. Nächstes Mal sei ich zur Hirschjagd eingeladen.
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Nicht nur dass mir die netten Leute bei allem
tatkräftig geholfen und organisiert haben, einer brachte mir noch zu
Essen und Trinken, plus Proviant für den Weg. Wasserfarben war das
Getränk, getrunken wurde es aus Wassergläser, nur wurde es offenbar
vorher gebrannt. Wieder Cha-Cha, wunderbar, war ja schon Mittag, und
ablehnen lag kaum drin, man weiss ja was sich gehört, aber leider nicht
die georgischen Trinkbräuche. In Zentraleuropa ist es unhöflich das Glas
nicht auszutrinken. In dieser Ecke der Erde bedeutet aber ein leeres
Glas, man will noch mehr. Nach rund 3 Wassergläser Feuerwasser blieb es
automatisch voll stehen, ich konnte nicht mehr. Mein Gastgeber hat sich
doll über die Trinkfestigkeit des Schweizers gefreut. Danach rein in den
Opel, vier Stunden Fahrt lagen vor mir, und als ich meinen doch in die
Jahren gekommen Fahrer und dessen Fahrstil gesehen habe, war ich froh
als der Cha-Cha seine Wirkung langsam entfaltete und ich in einen
traumlosen Schlaf fiel. In Tbilisi angekommen, galt es einen
Motorradmechaniker zu finden. Schulterzucken allüberall, sowas gebe es
hier nicht. Doch, ich habe einen gefunden. Dank Facebook und teurem
Roaming der Swisscom. Fix angerufen, natürlich sprich der Mann am
anderen Ende kein Englisch, dafür Deutsch. Er lebte 8 Jahre dort,
gelernter Motorradmechaniker, 4 Jahre für Yamaha Deutschland gearbeitet,
jetzt gerade die nächste Zeit hier in Tbilisi für mich. David, Data,
Kukaracha, oder bei welchen Namen ihn seine Freunde jeweils rufen,
organisiert den Rest für mich. Freunde von ihm führen ein Gästehaus,
dort könne ich wohnen, sein Lehrling bringe mich, resp. das Motorrad in
die Garage und Morgen werde man dann mal schauen. So um 1400 komme er
mich abholen. Früher gehe nicht, Georgier lieben das ausschlafen.
Verstehe ich vollkommen. Später erfuhr ich eine interessante Geschichte
dazu: Vor einigen Jahrhunderten, als Georgien noch von einem König
regiert wurde, gab es für kurze Zeit einen Muezzin auf dem Minarett der
Moschee. Der waltete seines Amtes, rief am Morgen die Gläubigen zum
Gebet, was bei den Georgiern nicht gut ankam. So soll der König
persönlich mit der Muskete den Störefried vom Turm geschossen haben.
Seither werde auf das Ausrufen verzichtet. Schön: es hat nichts mit
Religion zu tun, schliesslich gibts für diverse Glaubensrichtungen ein
passendes Gotteshaus in der Stadt, nur Lärm am Morgen, das darf nicht
sein, hier verstehen die Georgier keinen Spass. So läuten auch die
Glocken nur an Feiertagen.
Unter Garage verstehe ich was anders als den
Raum in welchen die KTM deponiert wurde, aber das ist nebensächlich.
Drei Jungs haben sich um die Maschine gekümmert, den Motor zerlegt,
Fehler gefunden (ein Kugellager hat sich zerlegt, die
Eingangsnockenwelle schlug gegen den Zylinderkopf, dadurch brach ein
Teil des Zylinderkopfs ab und die Steuerkette riss unter der Belastung),
Secondhand Ersatzteile einer KTM LC4 Duke organisiert, zwei-drei
Anpassungen gemacht, alles zusammengebaut, wieder teilzerlegt um die
übrig gebliebenen Schrauben doch noch an den richtigen Ort zu bringen,
dann lief das Teil! Unglaublich, nach nur 3 Tagen! Abends sind wir
jeweils um die Häuser von Tbilisi gezogen, die Stadt hat einiges zu
bieten, wunderschön. Und das Essen der Georgier erst, eine Wucht! Alles
in allem hatte ich eine sehr angenehme Zeit in Tbilisi, dank der
Fürsorge der Mechaniker und der Gastfamilie.
Spezialisten am Werk.
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Der Meister konzentriert bei der Arbeit, sein Lehrling im
Hintergrund
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Gio hat den Durchblick
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Kiste läuft wieder. Entspannung in der Garage Kukaracha in
Tbilisi.
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Zeit für ein paar typische Bräuche fand ich
auch noch.
22:23 SMS von David an Mike: „Vo bist du?“
22:24 SMS von Mike an David: „Bei restaurant
von ersten abend. Problem von mot bmw gelöst?“
22:26 SMS von David an Mike: „Ish dachte vir
gehen baden... Ish bin bei dir im hostel“
Dachte ich auch, wir
hatten abgemacht um 16:00. Anrufen und Situation klären, geht einfacher,
und baden will ich unbedingt. Ist ja nicht irgend so baden, sondern in
historischen Badehäusern, gemäss irgend so einer historischen Person
sogar besser als bei den Türken. Und so holte mich David ab, der Mann
der meine KTM wieder zum Laufen brachte, derjenige, der lieber in
Georgien lebt, als mehr Geld in Deutschland verdient, Hauptmann der
Panzertruppen, Veteran dreier Kriege gegen Russland, und gemeinsam besuchten wir das
altehrwürdige Orbeliani-Bad, gebaut im Jahre 1893 und das einzig
oberirdische Thermalschwefelbad der Stadt. Gespannt war ich schon, so ab
den Erzählungen. Schliesslich besucht man nicht alle Tage ein über
hundert jähriges Bad. Zudem Miete man einen eigenen Raum, mit
Steinliege, Dusche und Bad. Dazu käme eine hübsche Frau zur Massage, für
meinen Rücken eine tolle Aussicht. Sodann Badehaus betreten, an
Kassenhäuschen Wünsche und Geld deponiert, dann in Raum Nummer 6. Dem
Bad sieht man die Jahre an, tut der Atmosphäre aber gut und sauber ist
es auch. Im Vorzimmer komplett ausgezogen, im dampfigen Baderaum
geduscht, danach in das grosse Steinbecken eingetaucht. Huaa, ziemlich
warm und wohltuend. David freute sich bereits auf die Frau für die
Massage, er wohl ein wenig mehr auf die Frau, ich auf die Massage, als
es an der schweren Türe klopfte: der Tee wurde gebracht. Als Gast durfte
ich weiter rumplanschen, während mir David ein Glas Tee brachte.
Herrlich. Nach rund 10 Minuten musste ich unter die kühle Dusche, mein
Kreislauf machte nicht mehr mit. Wiederum klopfen an der Türe, das
Grinsen in Davids Gesicht zeigt mir, dass muss die Masseurin sein.
Gespannt wartete ich, die Türe ging auf, hier ist anzufügen dass es sehr
viele und sehr hübsche Frauen gibt in Tbilisi, aber keine davon trat
ein, sondern ein Mann mit einem unglaublichen Bauch. Mit freundlichem
Gruss deponierte er seinen Plastikeimer und Kleider im Vorraum und
deutete mich auf die Liege, welche er zuvor mit heissem Wasser
vorgewärmt hatte. Die Massage selbst erinnerte mich präzise an die
Zweifel-Reklame im Schweizer Fernsehen. Eher grob, aber wohltuend. Auf
das Knacken, Schlagen, durchwalken und Strecken folgte die Seifenmassage
und wieder Baden. Danach war David an der Reihe, die Arbeit des dicken
Mannes erledigt und wir wieder unter uns. So ein Bad in Tbilisi ist echt
zu empfehlen.
Strasse in Tbilisi
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Zminda-Sameba-Kathedrale in Tbilisi, 84 m hoch, gebaut von 1995
- 2004
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Riesenrad auf dem Hausberg von Tbilisi, quasi der Gurten, inkl.
Standseilbahn von Garaventa.
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Tbilisi bei Nacht mit Friedensbrücke und Parlament
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Gastfamilie in Guesthouse Maka, bestens aufgenommen und verköstigt.
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Im Anschluss noch einmal georgisch Essen gegangen (ich liebe diese
Teigtaschen mit Fleischfüllung, Chinkali) und am nächsten Tag nach
Verabschiedung meiner liebenswürdigen Gastfamilie fuhr ich mit der
frisch reparierten KTM Richtung armenisch Grenze. Das Gefährt vibrierte
fröhlich vor sich hin, ich sehr zufrieden und die schöne grüne
Landschaft geniessend. Die letzten 50 km vor dem Grenzübergang waren
Piste und der Übergang selber wirkte sehr improvisiert. Zumindest was
die armenische Seite anbelangte. Dort wurde gerade ein neuer Posten
gebaut (man musste schliesslich mit den Georgiern mithalten) und so
standen dort zwei alte Container, einer für die Ein- der andere für die
Ausreise. Die Formalitäten waren schnell erledigt, wahrscheinlich rief
bereits wieder das alte Sofa hinter dem Grenzbeamten nach ihm, so
öffnete sich die improvisierte Grenzschranke in Form einer verfransten
Schnur und befand mich in Armenien. Über Hochebenen, durch triste
Städte, kleine Dörfer, grüne Täler und an verschneiten Berge vorbei
düste ich in Richtung Yerevan, der Hauptstadt Armeniens. Unterwegs beim
abstellen der Maschine entschied sie sich, dass der Hauptständer genüge
und entledigte sich mit einem leichten Knacken des Seitenständers. Das
herzhafte berndeutsche Fluchen tat gut und mobilisierte genügend Kräfte
um das Biest mitsamt Gepäck aufzufangen. Gegen Abend bezog ich in der
Hauptstadt ein eher teureres Hotel, man gönnt sich ja sonst nichts,
zudem wollte ich mitten im Zentrum hausen, fehlte mir doch die Zeit für
einen längeren Aufenthalt. Bevor die armenische Küche zum Test antreten
musste, wurde das Zentrum besucht. Der italienische und französische
Einfluss sind nicht zu übersehen, in der zentralen ultramodernen
Flanierzone wimmelt es nur so von Modehäusern und Cafés. Man wähnt sich
eher in Milano als in Armenien und mir drängt sich der Verdacht auf,
dass hier jemand tüchtig Geld investiert hat, aus was für Quellen auch
immer. Diese Zone stand im krassen Gegensatz zu den doch eher ärmlich
aussehenden Dörfer ausserhalb der Stadt.
Strasse zum Grenzübergang
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Nordarmenien bei Tashir
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Schöne Hochtäler, Armenien
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Strassen nach Yerevan, Armenien
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Metallkreuz vor der Hauptstadt.
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Strasse von Yerevan-
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Mit der Stadt gehts eher auf-, denn abwärts.
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Nach einem weiteren Besuch der Innenstadt und
Wochenmarktes verliess ich die Stadt gegen Mittag in Richtung Süden.
Unterwegs stand noch ein Besuch zweier Kirchenkloster auf dem Programm,
eines dekorativ vor dem Ararat, der Dockingstation der Arche, das andere
posierte auf einem Felsvorsprung. Beides sehr schön, wie auch die
Landschaft der Armenier. Weitere Hochtäler, Berge, Hügel, Dörfer und
guten Strassen. Unterwegs traf ich noch den Volker auf einer KTM LC8
990, er kam vom Iran und war auf dem Weg nach St. Petersburg um sich
dort mit seiner Familie zu treffen. Gemeinsam gönnten wir uns in einem
improvisiert wirkenden Café eine Stärkung. Nach der willkommenen Pause
besuchte ich das Tatov-Kloster, statt wie vorgesehen mit der Gondelbahn
(Betrieb bereits eingestellt) fuhr ich die Schotterstrasse den Berg
hoch. Kurz vor der Abzweigung stand ein neues Gehöft mit einer gehissten
roten quadratischen Fahne mit weissem Kreuz. Neugierig was das sein
könnte, fuhr ich in die Einfahrt rein. Tatsächlich sehr schweizerisch,
der Neuankömmling wurde misstrauisch beäugt, die Leute in Anzug sahen
nicht nach Feldarbeiter aus und die Gastfreundschaft ausserhalb des
Zauns scheint mir wesentlich grösser. Mir wurde dann erklärt, dass heute
die Einweihung dieses Guthofes war, eine Zusammenarbeit des DEZA und
Armenien im Bereich der Landwirtschaft. Ich hätte den Botschafter nur
knapp verpasst. Wenn das so ist und mir auch kein Tee angeboten wurde,
verliess ich den Ort der Zusammenarbeit in Richtung Grenze, bevor am Tag
darauf der Übertritt in den Iran anstand.
Nein, nicht der Kilimanjaro, sondern Ararat auf türkischem Boden
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Khor Virap vor dem Ararat
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Im Kloster drinnen.
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Seidenstrasse durch Armenien. Habe aber keine gesehen. Seide,
meine ich.
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Dorf an dieser Seidenstrasse.
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Tatev, Armenien.
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Goldgräberstadt Kajaran. Haufenweise Nachtclubs und Casinos. Und
aufgeschüttete Täler mit dem Abraum der Suche nach dem geliebten
Metall.
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Grün-Rot vor der Grenze
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Iran, von dem ich nur gutes und nur
schlechtes hörte: jeweils von denen die das Land bereits besucht haben
und von denjenigen die es nur aus den Medien kannten. Ich war gespannt.
> Nächste
Etappe